Blog 15.04.2019 | Gerechtigkeit – Gleichstellung – Kirche

Brave Mädchen kommen in den Himmel

Die irdische Hölle, die da heisst: Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt. So sieht die Wirklichkeit für Ordensfrauen aus, welche von Priestern sexuell ausgebeutet wurden oder noch immer werden.

Dies machte der Film «Gottes missbrauchte Dienerinnen» deutlich, welcher im März auf verschiedenen Fernsehkanälen ausgestrahlt wurde. Entsetzliche Geschichten waren es, die uns da gezeigt wurden. Geschichten über «brave Mädchen», die sich in den Dienst Gottes und der Menschen gestellt hatten, als Lohn aber Demütigungen höchsten Grades erleben mussten oder müssen.

Wie ist es möglich, dass Ordensfrauen die sexuelle Gewalt geschehen lassen und sich nicht auflehnen und das Unrecht in die Welt hinausschreien! Die Antwort ist für mich klar: Es ist nicht die «Schuld» dieser Frauen. Es ist das «System katholische Kirche», welches solche ausbeuterischen Handlungen zulässt.

Es ist grundsätzlich noch immer das Patriarchat als solches, welches uns Frauen nicht jenen Raum und jene Gerechtigkeit zugesteht, auf die wir ganz einfach als Menschen Anspruch haben. Dazu kommt aber noch das hierarchische, klerikale System der katholischen Kirche: Einzig die Männer haben das Sagen. Sie sind im Rechtssystem der Kirche jene, die über theologische Fragen, die über Spiritualität bis hin zu kleinlichen Fragen bestimmen, was gilt und was rechtens ist. Geweihte Männer haben in diesem System eine Macht, auch eine spirituelle Macht, welche uns Frauen auf die unterste Stufe einer Machtpyramide setzt. Auch wenn dies im dualen System der Kirche Schweiz nicht mehr so krass ist – geprägt ist das kirchliche Leben nach wie vor davon.

Dieses System macht seit Jahrhunderten etwas mit uns Frauen, es prägt uns, es hält uns klein und schweigsam. Gerade auch von Armut betroffene Frauen sind diesem männlichen, klerikalen Machtsystem massiv ausgeliefert. Das hat der erwähnte Film deutlich gemacht.

Als Theologin und Mitarbeiterin in der katholischen Kirche schäme ich mich für all diese bodenlose Ungerechtigkeit, diese sexuelle Ausbeutung in unserer Kirche. Sie macht mich wütend und betroffen, aber nicht sprachlos! Der Film über die misshandelten Klosterfrauen ist für mich ein erneuter Beweis dafür, dass wir Frauen ungebremst und lautstark unsere Rechte einfordern müssen, auf dass der Klerikalismus ein Ende findet.

«Brav sein» ist keine Tugend, die wir weiterpflegen müssen! Brave Mädchen können in die Hölle geraten, bösen Mädchen steht wahrscheinlich der Himmel offen!

Silvia Huber

Silvia Huber, Theologin

 

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